Interkulturelle Kommunikation
Ein Leitfaden für das Unbekannte

Das Albatrosspiel

Übung

Geeignet für: TeamerInnenschulungen, Jugendreisen ins Ausland, Internationale Jugendbegegnungen, Vorbereitungsseminare
TeamerInnen: mindestens zwei, ein Mann und eine Frau
Teilnehmende: mindestens vier, maximal 25
Alter: ab 14 Jahren
Zeit: ca. 120 Minuten

Methode:
Das Leitungsteam entführt die Teilnehmenden auf die Insel Albatros. Sie spielen selbst die Einheimischen, die Teilnehmenden sind die TouristInnen. Das Verhalten der AlbatrossianerInnen verleitet zu der Interpretation, Frauen würden auf Albatros unterdrückt werden.
Material: 2 Tücher
                 eine Schale mit Erdnüssen
Raumgestaltung : Stuhlkreis

Ziele:
Die TeilnehmerInnen sollen lernen, dass auch im Alltag das Verhalten anderer Menschen immer interpretiert wird. Interkulturell kompetent zu sein bedeutet, sich Interpretationen bewusst zu werden und sich immer wieder zu fragen: Was sehe ich?

Ablauf:
Alle TeilnehmerInnen sitzen im Kreis. Das Leitungsteam (ein Mann und eine Frau) erklärt, dass man jetzt eine Reise zur Insel Albatros mache. Dann verlässt das Leitungsteam den Raum und kehrt kurze Zeit später zurück. Sie tragen Tücher um den Körper gebunden. Der Mann geht vor der Frau, die Frau folgt ihm. Sie laufen einige
Runden um die TeilnehmerInnen. Dabei summen sie leise vor sich hin. Dann gehen sie einige Runden im Innenkreis. Der Mann geht auf die männlichen Teilnehmer zu, die die Beine übereinander geschlagen haben, und stellt ihre Beine auf den Boden. Die Frau macht das gleiche bei Männern und bei Frauen. Der Mann setzt sich auf einen Stuhl, die Frau kniet sich auf den Boden neben ihn. Dann reicht die Frau ihm eine Schale mit Erdnüssen. Der Mann nimmt die Schale an und isst ein paar Erdnüsse. Dann gibt er die Schale der Frau zurück, die auch isst. Die Frau stellt die Erdnüsse zu Seite. Der Mann legt ihr eine Hand in den Nacken. Daraufhin beugt sich die Frau nach vorne und berührt mit der Stirn den Boden. So verweilt sie einen Augenblick. Dies wiederholen sie drei mal. Dann lächeln sie sich an, nicken einander zu und erheben sich. Summend ziehen sie wieder durch den Kreis. Wieder stellen sie die übereinandergeschlagenen Beine der TeilnehmerInnen auf den Boden – der Mann bei den Männern, die Frau bei Frauen und Männern. Die beiden verlassen den Raum und kehren nach einiger Zeit ohne Tücher in den Seminarraum zurück. Das Leitungsteam bittet die TeilnehmerInnen, zu beschreiben, was sie gesehen haben. Außerdem sollen sie kurz erläutern, ob sie gerne auf Albatros leben würden. Die KursleiterInnen klären sie dann über die Kultur auf Albatros auf: Wenn die Menschen auf Albatros zufrieden sind, summen sie. Sie glauben an die Göttin der Erde. Deshalb stellen sie ihre BesucherInnen als besondere Ehrerweisung immer erst mit beiden Füßen auf den Boden. Erdnüsse erfreuen sich als heilige Früchte auf Albatros besonderer Beliebtheit. Frauen haben einen besonderen Kontakt zur Göttin, weil sie wie die Erde Leben hervorbringen. Um sie vor Gefahren zu schützen, muss der Mann immer vor der Frau hergehen und auch ihr Essen vorkosten. Die Frauen haben das Recht auf der Erde zu sitzen, weil sei dann der Erdgöttin näher stehen. Männer können nur über die Frauen Kontakt zur Mutter Erde aufnehmen. Mit Einverständnis der Frau dürfen sie ihre Hand in ihren Nacken legen. Die Frau berührt dann mit ihrer Stirn die Erde und kann so einen Kontakt zwischen der Erdgöttin und dem Mann herstellen. Auf Albatros dürfen Frauen Frauen und Männer berühren, die Männer jedoch nur die Frauen. Danach diskutieren die TeilnehmerInnen, welche Annahmen und Einschätzungen zu der Fehlinterpretation geführt haben und woher diese kommen. Für die Auswertung sollte man viel Zeit einplanen, um eine wirkungsvolle Konfrontation zwischen Wahrnehmung und Interpretation zu erreichen. Aber: Die Auswertung sollte nicht dahin gehen, dass man Diskriminierung und Unterdrückung als kulturell gegeben hinnehmen muss.
Ziel sollte sein, zwischen Wahrnehmung und Interpretation unterscheiden zu lernen.

nach Theodore Gochenour: Beyond Expierience. Yarmouth/USA: Interculturell Press
1993.
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